Gesellschaftliche Verantwortung

Ludwig-Merz-Hoppecke

Foto: HOPPECKE

Im Gespräch mit Ludwig Merz, Nachhaltigkeitsbeauftragter von HOPPECKE

Für unsere Interviewreihe Gesellschaftliche Verantwortung sprechen wir in den kommenden Wochen mit sechs Führungskräften, die das Thema in ihrem Familienunternehmen verantworten.

Für Unternehmen ist das Übernehmen von Gesellschaftlicher Verantwortung (CSR) heute wichtiger denn je. Allerdings gibt es keinen einheitlichen Ansatz, besonders Familienunternehmen haben häufig eine sehr individuelle CSR-Strategie.

In diesem Interview erzählt uns Ludwig Merz, Nachhaltigkeitsbeauftragter bei HOPPECKE, wie Mitarbeiter:innen sich aktiv beim Thema Gesellschaftliche Verantwortung einbringen, warum das Unternehmen sich als Treiber für moderne Energien sieht und mit welchen Zukunftstechnologien HOPPECKE heute schon experimentiert.

Wie definieren Sie bei HOPPECKE Gesellschaftliche Verantwortung?

In den Unternehmensgrundsätzen haben wir den Satz verankert: „Wir sind verantwortlich für den sorgfältigen Umgang mit den uns anvertrauten Ressourcen – Mensch, Kapital, Zeit, Umwelt und Rohstoffen – unter Berücksichtigung sozialer Aspekte und einer Förderung von umweltfreundlichen Verfahren, Techniken und Produkten.“ Zudem sind wir als Batteriehersteller in einem Markt mit ganzheitlicher Verantwortung tätig: die Welt wird elektrisch und wir leisten unseren Beitrag, indem wir Energie verfügbar machen. Wir tragen zur globalen Elektrifizierung bei und unterstützen die Umsetzung von Klimaschutzzielen, Energiewende und Digitalisierung.
 

Wie integrieren Sie Gesellschaftliche Verantwortung konkret in Ihre Unternehmensstrategie?

Die eben genannten Unternehmensgrundsätze, zusammen mit unserer Vision „Wir machen elektrische Energie verfügbar für jeden und überall“ bilden die Grundlage unserer Strategieentwicklung. Wir schauen in unsere Teilbereiche und -segmente, um dann auch zielgeführte Maßnahmen zu integrieren. Ein gutes Beispiel ist unsere Recyclingstrategie: wir haben eine eigene „Metallhütte“, in der wir Batterien recyclen und die hierbei gewonnenen Rohstoffe können wir direkt wieder in unserer Produktion verarbeiten.

Das ist eine Metallhütte
 
Bei HOPPECKE werden hier nahezu 100 % der Inhaltsstoffe von Bleisäurebatterien zurückgewonnen. Das Recycling ist aus zwei Gründen wichtig: zum einen enthalten die Batterien Schadstoffe und Schwermetalle, welche Grundwasser, Boden und Luft verschmutzen können. Zum anderen dient der Vorgang der Ressourcenschonung. HOPPECKE verfügt zudem über eine Kreislaufführung des benötigten Prozesswassers. 

Und auch innerhalb der Prozesse achten wir natürlich darauf, dass wir unsere Umwelteinflüsse möglichst geringhalten, beispielsweise durch eine eigene Abwasseranlage an unserem Hauptstandort. Uns ist generell wichtig, dass unsere Produktionsprozesse einen möglichst geringen Einfluss auf die Umwelt haben. In einigen Bereichen können Umwelteinflüsse leider nicht vollständig vermieden werden, das müssen wir zugeben. Aber im Rahmen unserer Tätigkeit versuchen wir, unsere Prozesse zu optimieren und dabei unsere Grundsätze stets im Blick zu behalten.

Wir prüfen ständig, welche Länder und Märkte wir bedienen und welche Produkte wir anbieten, immer nach unseren Grundsätzen. Unsere Vision zeigt unsere Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Wir bieten Lösungen für eine stabile Stromversorgung an, elektrifizieren Züge und Straßenbahnen für die Mobilitätswende in Städten und ermöglichen die Nutzung erneuerbarer Energie in abgelegenen Regionen Asiens, Afrikas und Südamerikas, die nicht ans Stromnetz angeschlossen sind.
 

Wie ist HOPPECKE personell im Bereich CSR aufgestellt?

Ich selbst verantworte als Beauftragter aktuell die Überarbeitung unserer unternehmensweiten Nachhaltigkeitsstrategie. Da sind wir gerade dabei, diese auf die aktuellen Themen hin zu aktualisieren und zeitgemäß anzupassen.

Zudem gibt es natürlich Abteilungen, wo sich das Thema stärker konkretisiert. Zum Beispiel im Einkauf, wenn es um das Thema nachhaltige Beschaffung geht oder auch in den Produktionsbereichen und im Energiemanagement. Und am Ende ist CSR für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter relevant und jeder kann und sollte seinen Beitrag leisten.
 

Sind Sie denn der Meinung, dass Familienunternehmen ein höheres Maß an gesellschaftlicher Verantwortung besitzen? Nicht zuletzt deshalb, weil sie langfristiger planen können und regional verankert sind?

Nicht per se, aber die die Wahrscheinlichkeit ist hoch. Gerade weil wir eben verglichen mit einer Aktiengesellschaft kurze Entscheidungswege haben. Gleichzeitig sind andere Dinge für Familienunternehmen wichtig: eine regionale Verwurzelung, ja, eine Verbindung mit dem Standort, mit den Mitarbeitern. Also ich sehe darin sehr große Chancen. Und ich glaube, dass Familienunternehmen dem hohen Maß an gesellschaftlicher Verantwortung in der Regel auch gerecht werden.

Wie gesellschaftliche Verantwortung in einem Familienunternehmen gelebt werden kann, zeigt unser Beteiligungsmodell. Seit 1984 bieten wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Option der Kapitalbeteiligung. Sie können durch den Erwerb von Genussrechten (Anteile, Anm. d. Red.) am Unternehmen teilhaben und von dessen positiver Entwicklung profitieren.
 

Wie stellt HOPPECKE sicher, dass die CSR-Maßnahmen auch wirklich die Bedürfnisse der Gemeinschaft erfüllen?

Zum einen führen wir regionale Maßnahmen durch: Wir haben unseren Sozialfonds, den Carl Zoellner Fonds, der das ehrenamtliche Engagement unserer Beschäftigten unterstützt. Der Fonds fördert Projekte im sozialen und ökologischen Bereich sowie Initiativen in den Bereichen Bildung und Kultur aus unserer Region. Aktuell führen wir zudem eine sogenannte Wesentlichkeitsanalyse durch, in der wir herausarbeiten, welche Themen sind für unsere Stakeholder, Kunden, und Mitarbeiter wichtig? Welche Themen sind wichtig für die Gemeinde oder die Umgebung, in die wir eingebettet sind? Die Frage, ob eine CSR-Strategie erfolgreich ist, kann nur gemeinschaftlich beantwortet werden, indem man mit den Menschen über ihre jeweiligen Bedürfnisse im Austausch ist.
 

HOPPECKE-Batterien

HOPPECKE-Batterien in Betrieb

Foto: HOPPECKE

Wie schafft es HOPPECKE, dass die Unternehmensstrategie im Bereich CSR auch als authentisch wahrgenommen wird?

Zum einen lassen wir uns extern zertifizieren. Wir haben zum Beispiel die EcoVadis-Goldzertifizierung. Dort wird von einer unabhängigen Nachhaltigkeitsagentur im Detail geprüft, welche Nachhaltigkeitsmaßnahmen wir wirklich umsetzen und in welchen Bereichen wir aktiv sind. Und wir versuchen natürlich mit den Stakeholdern im Austausch uns selbst zu hinterfragen:

Sie haben jetzt den Begriff „Greenwashing“ nicht genannt, aber es ist tatsächlich ein schwieriges Thema, weil es ja durchaus Aktivitäten gibt, die man rein aus Imagegründen machen könnte. Wir versuchen daher auch immer zu kommunizieren, warum wir etwas tun. Es ist bei uns präsent, dass wir den Auftrag haben, unsere Umwelt für die kommenden Generationen zu erhalten sowie das Unternehmen für die Familie und Mitarbeiter wirtschaftlich rentabel zu übergeben. Und ich glaube, wenn man ein „Warum“ mitbringt, dann wirkt man automatisch authentisch.
 

Wie misst HOPPECKE, ob eine Maßnahme erfolgreich ist?

In der Regel ist es schon so, dass wir uns da schon immer erstmal selbst bewerten. Seit kurzem gibt es aber auch die neue europäische Verordnung zum Thema Nachhaltigkeit. Und da kommen dann auch automatisch wieder externe Prüfer ins Spiel. Ansonsten sind wir, wie schon angesprochen, in sehr vielen Bereichen zertifiziert: wir haben sowohl eine ISO 14001-  und eine ISO 50001-  sowie einen Arbeitsschutz und Sicherheitszertifizierung (ISO 45001 und 27001). Dort werden unsere Aktivitäten in regelmäßigen Abständen in Audits von den Zertifizierungsgesellschaften geprüft.

Das sind die relevanten ISO-Standards zum Thema „Gesellschaftliche Verantwortung“

ISO 14001: ein internationaler Standard für Umweltmanagementsysteme. Er bietet einen Rahmen für Organisationen, um ihre Umweltauswirkungen zu identifizieren, zu managen und zu verbessern.

ISO 50001:  ein internationaler Standard für Energiemanagementsysteme. Er bietet einen Rahmen für Organisationen, um ihre Energieleistung zu verbessern und ihre Energiekosten zu senken.

Zudem gibt es noch:
ISO 26000:  ein internationaler Leitfaden für soziale Verantwortung. Er bietet Unternehmen und Organisationen einen Rahmen, um ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft zu verringern und zu verbessern.

ISO-Standards werden von der International Organization for Standardization (ISO) festgelegt. Dabei handelt es sich um eine internationale Organisation mit 165 Mitgliedsstaaten. Die Mitgliedsstaaten sind vertreten durch nationale Normungsinstitute. Für Deutschland ist es das Deutsche Institut für Normung (DIN). 

Außerdem führen wir auch zahlreiche Kunden- und Lieferantenaudits durch. Diese sind — je nach Anforderung — sehr unterschiedlich fokussiert, aber vielen unserer Kunden ist der Nachhaltigkeitsaspekt bereits heute sehr wichtig.
 

Welche Erfolgsbeispiele gibt es?

Für unsere Batterien haben wir einen Reife- und Trocken-Prozess, der auf Basis von Mitarbeitervorschlägen optimiert wurde: durch ein Senken der Prozesstemperatur lassen sich circa 20 % Energie und damit auch Emissionen einsparen. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass man natürlich einen Idealprozess planen kann, aber dass der umsetzende Mitarbeiter vor Ort dann doch immer die beste Instanz für die Optimierung darstellt.
 

Wie schafft HOPPECKE es, dass gesellschaftliche Verantwortung von allen Mitarbeitern mitgedacht wird?

Wir haben jedes Jahr unsere Mitarbeiterunterweisungen, wo es zwar primär um das Thema Arbeitssicherheit geht, aber ein Teil ist auch unserer Vision, Mission und Strategie gewidmet. Ein Produktionsmitarbeiter, der Zellen zu einer Batterie zusammenbaut, sollte immer auch den Gesamtkontext umreißen und wissen: Ich mache Energie verfügbar, mein Produkt steht vielleicht mal in einem Rechenzentrum oder fungiert als Speicher für eine Solaranlage in Afrika.

Aber auch für das Thema Ressourcenverbrauchen bei uns hier im Werk wollen wir die Mitarbeiter mit Schulungen noch stärker sensibilisieren. Zuletzt führen wir auch immer wieder Mitarbeiteraktionen durch: Seit zwei Jahren erfüllen unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Organisationen, Kindern aus benachteiligten Familien in der Region zu Weihnachten einen Wunsch.
 

< >Georg-Kell_Gruendungsdirektor Global Compact

Georg Kell

Gründungsdirektor des UN Global Compact

Mit welchen Herausforderungen müssen Unternehmen rechnen, wenn sie eine CSR-Strategie implementieren?

„Meines Erachtens gibt es primär fundamental-systemische Herausforderungen: zum einen fokussieren sich Märkte aktuell noch zu sehr auf kurzfristige Entwicklungen. Sie reagieren auf momentane Stimmungsschwankungen, ähnlich wie die Politik. Nachhaltigkeitsthemen brauchen aber langfristige Strategien. „The tragedy of the horizon“, die Tragödie des langen Horizontes, ist ein echtes Problem.

Andererseits ist es aber auch eine Frage der Werte. Die Gesellschaft fordert zwar in ihrer Gesamtheit mehr Nachhaltigkeit ein, dem Einzelnen fällt es jedoch häufig schwer bei dem Thema voll mitzugehen. Die Wenigsten sind bereit Abstriche in Kauf zu nehmen. Und das ist natürlich eine Konfliktsituation: hier kämpft der Egoismus des kurzfristigen Konsumverhaltens mit der notwendigen Einsicht sich langfristig anders zu verhalten.“
 

Und wie ist das mit externen Partnern und Lieferanten? Wie stellt HOPPECKE sicher, dass gesellschaftliche Verantwortung auch dort eine Rolle spielt?

Wir haben einen Lieferantenkodex, um sicherzustellen, dass auch hier alles anhand sozialer Kriterien durchgeführt wird. Das ist dann natürlich auch immer Teil der Auswahl und ich glaube, dass wir in Zukunft noch verstärkter in eine kritische Vorauswahl gehen werden. Aus meiner Sicht wird sich die Spreu vom Weizen trennen, wenn CO2-Emissionen und andere Themen viel transparenter werden, was es uns wiederum einfacher machen wird, Lieferanten zu vergleichen. Auf der anderen Seite versuchen wir dort, wo es möglich ist, regional einzukaufen, sprich im Euroraum oder bei unserem Werk in China bei chinesischen Lieferanten. Gleichzeitig gilt auch: qualitative, langlebige Produkte bekommen den Vorzug, denn auch das ist für uns „nachhaltig“ und Teil von nachhaltigem Wirtschaften.
 

Apropos Langlebigkeit: Batterierecycling ist schon seit langem Teil des Angebots von HOPPECKE. Aktuell tut sich in diesem Bereich viel, besonders beim Recycling von Lithium-Ionen-Akkumulatoren. Ist die aktuelle Strategie von HOPPECKE hier zukunftstauglich?

Mit über 90 Jahren Erfahrung im Bereich der Bleibatterien bringen wir im Bereich der Batterien einen riesigen Erfahrungsschatz mit. Und um diese Erfahrung auch im Bereich Lithium-Batterien zu nutzen haben wir 2019 die INTILION gegründet. Mit dem so erweiterten Produktangebot wollen wir künftig mit neuen Ansätzen in neue Märkte gehen und unsere Expertise auch im Bereich der Stationären Lithium-Batteriespeicher anbieten. Zurück zum Recycling. Wie schon erwähnt: Seit über 60 Jahren recyclen wir in unserer eigenen Metallhütte Bleisäurebatterien. Hierbei können 90 % der Inhaltsstoffe in der einen oder anderen Form in den Kreislauf rückgeführt werden und beim Blei sind es nahezu 100 %.

Lithium dagegen ist eine große Herausforderung der Zukunft. Hier wollen wir mit Partnerschaften starke, neue Lösungen entwickeln. Unter anderem arbeiten wir mit Chinas führendem Batterierecyclingunternehmen zusammen, um eine Kreislaufwirtschaft für Lithium-Ionen-Batterien in Europa zu entwickeln. In unserem eigenen Labor forschen wir zudem, um die Inhaltsstoffe und Prozesse künftig noch besser verstehen zu können. Im Bereich Lithium bieten wir auch eigene Produkte an und diese möchten wir natürlich auch effizient designen, damit sie gar nicht erst so schnell recycelt werden müssen. Auch ein wichtiges Thema für uns ist „Second Use“: hier werden Lithium-Batterien aus dem Automobilbereich, die vielleicht nur noch 70 bis 80 % ihrer Kapazität haben zu stationären Energiespeichern umgerüstet. Diese kommen dann u.a. in Rechenzentren zum Einsatz, wo es nicht so sehr auf die verbliebene Kapazität im zyklischen Einsatz ankommt.

Zuletzt bemühen wir uns weiter, Technologien voranzubringen. Ein Beispiel ist das Thema „digitaler Zwilling“, welches wir aktuell evaluieren: hierzu arbeiten wir mit Startups zusammen und können am PC ein Produkt in der jeweiligen Anwendung testen und seine Grenzen und Möglichkeiten simulieren Diese und weitere Anwendungen werden aus meiner Sicht in Zukunft immer wichtiger werden, um die Produktion und die Nutzung von Produkten und Rohstoffen nachhaltiger zu gestalten.
 

Interview: Maximilian Kaiser

In dieser Reihe haben wir die selbstgewählten Personenbezeichnungen der Interviewpartner beibehalten.  Dadurch entstehen Unterschiede in der Genderschreibweise.

© 2023 Der Entrepreneurs Club. Alle Rechte vorbehalten. Texte: nicht kommerzielle, auszugsweise Nutzung unter Quellenangabe https://www.karriere-familienunternehmen.de gestattet. Fotos: © 2023 Der Entrepreneurs Club / HOPPECKE