Gesellschaftliche Verantwortung

Dr-Albert-Duerr_Wolff-und-Mueller

Foto: WOLFF & MUELLER

Im Gespräch mit Dr. Albert Dürr, Geschäftsführender Gesellschafter von WOLFF & MÜLLER

Für unsere Interviewreihe Gesellschaftliche Verantwortung sprechen wir in den kommenden Wochen mit sechs Führungskräften, die das Thema in ihrem Familienunternehmen verantworten.

Für Unternehmen ist das Übernehmen von Gesellschaftlicher Verantwortung (CSR) heute wichtiger denn je. Allerdings gibt es keinen einheitlichen Ansatz, besonders Familienunternehmen haben häufig eine sehr individuelle CSR-Strategie.

Im heutigen Interview erzählt uns Dr. Dürr vom Nachhaltigkeitskonzept des Unternehmens, dem Gottlob-Müller-Prinzip, welches nach seinem Großvater und dem Firmengründer benannt ist. 

Herr Dr. Dürr, wie definieren Sie Gesellschaftliche Verantwortung?

Ob ein Unternehmen im Sinne der Gesellschaft und damit des Gemeinwohls verantwortungsvoll handelt, spiegelt sich meines Erachtens darin wider wie es wirtschaftet, wie es mit seinen Mitarbeitenden umgeht und ob es sich über den Unternehmenszweck hinaus sozial engagiert. Gesellschaftliche Verantwortung ist eng mit nachhaltigem Wirtschaften verbunden. Für uns als Familienunternehmen bedeutet das langfristig zu denken und wirtschaftlichen Erfolg mit verantwortungsvollem Handeln zu vereinen. 
 

Wie integrieren Sie gesellschaftliche Verantwortung in Ihre Unternehmensstrategie?

Schon mein Großvater und Firmengründer Gottlob Müller war überzeugt davon, dass wirtschaftliche Unternehmensführung und verantwortungsvolles Handeln eng zusammengehören. Diese Überzeugung ist seit drei Generationen in unserer Nachhaltigkeitsstrategie, dem Gottlob-Müller-Prinzip fest bei WOLFF & MÜLLER verankert - in den Prozessen, den Strukturen und vor allem auch in unserer Unternehmenskultur. Als Geschäftsführender Gesellschafter der WOLFF & MÜLLER Gruppe versuche ich verantwortungsvolles Handeln vorzuleben. Im Frühjahr war ich beispielsweise mit der Initiative HoffnungsBAUer, als Schirmherr eines Freiwilligeneinsatzes in Rumänien. Gemeinsam mit weiteren freiwilligen Helferinnen und Helfern haben wir eine Woche lang beim Bau von Wohnungen für zwölf Familien geholfen. Es ist mir persönlich ein Herzensanliegen, mit dem, was ich bewirken kann, zum Gemeinwohl beizutragen – auch als Unternehmer.
 

Besitzen Familienunternehmen ein höheres Maß an gesellschaftlicher Verantwortung als Nicht-Familienunternehmen?

Immer mehr Menschen suchen einen Arbeitgeber, der einen sinnstiftenden Zweck verfolgt und ein Umfeld, das von Fairness und Wertschätzung geprägt ist. Das macht Familienunternehmen zu attraktiven Arbeitgebern. Ich bin kein Freund davon, Familien-unternehmen per se als besser hinzustellen, aber sie denken und handeln naturgemäß in Generationen. Unsere Mitarbeitenden wissen, dass hinter WOLFF & MÜLLER weder anonyme Anleger noch ein großer Konzern steckt, sondern eine Familie, die seit drei Generationen für das Unternehmen einsteht. Bei WOLFF & MÜLLER legen wir sehr viel Wert darauf, dass sich unsere Mitarbeitenden wohl fühlen. Wir tun viel dafür, dass sie sich entwickeln können, gesund und möglichst lange bei uns bleiben. 
 

Wie stellen Sie sicher, dass Ihre CSR-Initiativen die Bedürfnisse der Gemeinschaft erfüllen?

Bei der Umsetzung unserer Nachhaltigkeitsstrategie orientieren wir uns an unseren Leitwerten effektiv, partnerschaftlich, innovativ – kurz dem E.P.I.-Prinzip. Wir haben beispielsweise Stakeholder definiert, wir nennen sie Anspruchsgruppen, gegenüber denen wir uns als Unternehmen zu besonderer Verantwortung verpflichtet fühlen: Mit-arbeitende, Kunden, Baupartner sowie Umwelt und Gesellschaft. Für jede Anspruchs-gruppe haben wir einen Lenkungskreis eingerichtet, der dafür sorgen soll, dass wir bei all unserem Tun auch die Interessen der jeweiligen Anspruchsgruppe berücksichtigen. Dabei arbeiten die Lenkungskreise eng zusammen. In einem zentralen Kernteam auf Führungsebene laufen schließlich alle Fäden zusammen, um Maßnahmen anzustoßen. Das soziale Engagement der WOLFF & MÜLLER Gruppe bündelt die Wolfgang Dürr Stiftung. Über die Spenden unterstützen wir gemeinnützige Projekte in den Bereichen Mensch, Natur und Gesellschaft.
 

< >Professor-Dr-Christian-Klein

Dr. Christian Klein

Professor für Sustainable Finance an der Universität Kassel

Wie kompliziert ist ein Kulturwandel für Familienunternehmen?


„Culture Change, also der Wandel der Unternehmenskultur, ist eine gigantische Herausforderung und alles andere als trivial. Die Deutsche Bank ist beispielsweise seit nunmehr 15 Jahren darum bemüht, einen zu vollziehen. Das Allerwichtigste ist, dass es ‚von oben nach unten‘ passieren muss. Ein Kulturwandel ist zum Scheitern verurteilt, wenn die Führungspersonen die neue Kultur nicht glaubhaft vorleben. 

Bei Familienunternehmen findet ein Kulturwandel in der Regel statt, wenn es einen Generationswechsel gibt. Das ist ein Prozess, der durchaus Zeit in Anspruch nimmt und zur Folge haben könnte, dass sich das Personal ändert. Es kann passieren, dass Mitarbeiter sich freiwillig dazu entschließen, das Unternehmen zu verlassen. Gleichzeitig wird ein Unternehmen neue Mitarbeiter gewinnen, wenn sich herumspricht, dass es sich auf progressive Weise verändern möchte.“
 

Wolff-und-Müller-Mitarbeiter

Foto: Wolff und Müller

Wie sichern Sie, dass Ihre CSR-Initiativen nach außen hin auch als authentisch wahrgenommen werden?

Wir zeigen als Familienunternehmen unsere Haltung, beispielsweise gegen rechte Strömungen und für Vielfalt. Wir fördern den CSD Stuttgart und sind Unterzeichner der Charta der Vielfalt. Wir machen uns stark für Klimaneutralität und gegen Ressourcen-Verschwendung, für faire Arbeitsbedingungen und gegen Schwarzarbeit. Es ist uns wichtig und wir tun viel dafür, dass wir unseren Anspruchsgruppen – Mitarbeitende, Baupartner, Mensch und Natur – gerecht werden.

Lassen Sie es mich an einem Beispiel konkretisieren: Planen und Bauen ist Teamwork. Auf Baustellen arbeiten die unterschiedlichsten Gewerke, aber auch Kulturen und Generationen Hand in Hand und alle tragen ihren Teil zum großen Ganzen bei. Bei WOLFF & MÜLLER möchten wir das Potenzial der Vielfalt nutzen und diesen Wert mit Hilfe unseres Diversity Managements unternehmensweit gezielt fördern. Menschen, die sich wertgeschätzt und mit allen Facetten ihrer Persönlichkeit wie Herkunft, Religion, Alter, Geschlecht oder sexuelle Identität willkommen fühlen, arbeiten gerne, sind Team-Player und Multiplikatoren für Respekt und Toleranz.
 

Wie messen Sie den Erfolg Ihrer CSR-Initiativen? Und welche Erfolge wurden bereits erzielt?

Dass wir mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie basierend auf dem Gottlob-Müller-Prinzips erfolgreich sind, zeigt unser Rekordumsatz von rund 1,1 Milliarden Euro im Jahr 2022, den wir in einem schwierigen Marktumfeld erwirtschaften konnten. Am Ende macht der Mensch den Unterschied und so haben uns die langfristigen und vertrauensvollen Beziehungen zu unseren Mitarbeitenden und Geschäftspartnern wesentlich unterstützt, erfolgreich durch ein weiteres Jahr voller Herausforderungen zu kommen. Selbstverständlich setzen wir uns auch im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie Ziele, messen und dokumentieren den Fortschritt in unserem Nachhaltigkeitsbericht .  2017 ist WOLFF & MÜLLER außerdem der Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit (WIN) des Landes Baden-Württemberg beigetreten. WIN ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württembergs und unterstützt Unternehmen in der Region beim Entwickeln und Dokumentieren ihrer Nachhaltigkeitsbestrebungen. Mit der Unterzeichnung der zwölf Leitsätze der WIN-Charta  verpflichten wir uns freiwillig dazu, Ziele und entsprechende Aktivitäten für nachhaltiges Wirtschaften festzulegen und anzugehen. Für unser Engagement in Sachen Nachhaltigkeit wurden wir schon mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Umweltpreis Baden-Württemberg, Arbeitgeber-Auszeichnungen als FairCompany und dem Sonderpreis beim Axia Award für vorbildliche Integration.
 

< >Prof-Dr-Claudia-Kemfert

Prof. Dr. Claudia Kemfert

Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und Professorin für Energiewirtschaft und Energiepolitik an der Leuphana Universität

Viele Familienunternehmen verhalten sich aufgrund ihres Geschäftsmodells, welches auf langfristiger Planung basiert, neuen Arbeitsmarktentwicklungen gegenüber eher konservativ – ein Vor- oder Nachteil?

„Konservativ ist kein Nachteil für die Umsetzung von Nachhaltigkeit, im Gegenteil. Zumindest sollten Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit als zentrale Schlüsselindikatoren verstanden werden, um dauerhaft Wettbewerbsvorteile erwirtschaften zu können. Es ist ein großes Missverständnis, dass Nachhaltigkeit, vermeintlich grünes Wirtschaften nicht mit konservativen Werten vereinbar sei, das Gegenteil sollte richtig sein. Daher bringen Familienunternehmen, gerade wenn sie konservativ aufgestellt sind, eigentlich die besten Voraussetzungen mit, Nachhaltigkeit im breitesten Sinne zu leben und umzusetzen. Somit sollten auch die CSR-Strategien verinnerlicht und in klare wirtschaftliche Vorteile implementiert werden können.“
 

Wie gelingt es, dass Gesellschaftliche Verantwortung von allen Angestellten des Unternehmens mitgedacht wird?

Nach unserem Gottlob-Müller-Prinzip gehören wirtschaftliche Unternehmensführung und verantwortungsvolles Handeln zusammen. Diese Überzeugung prägt unsere Unternehmenskultur. Jeder Mitarbeitende, der neu ins Unternehmen kommt, wird zunächst das Gottlob-Müller-Prinzip kennenlernen. Denn unsere Haltung und Arbeitsweise, all unsere Aktivitäten orientieren sich an diesem Prinzip. Das hilft auch im Recruiting: Gerade aufgrund unserer Unternehmenskultur möchten Menschen bei WOLFF & MÜLLER arbeiten.
 

Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Lieferanten und Partner ebenfalls gesellschaftlich verantwortlich handeln?

Wir legen sehr großen Wert auf vertrauensvolle und langfristige Geschäftsbeziehungen, die auf gemeinsamen Werten fußen und in denen wir uns gegenseitig unterstützen. Deshalb haben wir unser Baupartner-Prinzip erstellt, das die Zusammenarbeit mit Lieferanten und Planern festlegt. Genauso wie wir setzen Baupartner auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Wir binden sie zum Beispiel sehr früh – noch in der Kalkulationsphase – in Projekte ein, um dem Kunden eine zukunftsfähige und bestmögliche Lösung zu bieten. So gewährleisten wir einen gut abgestimmten und verlässlichen Ablauf. Diese reibungslose und partnerschaftliche Kooperation schätzen auch unsere Kunden, die deshalb gerne mit uns zusammenarbeiten.
 

Interview: Maximilian Kaiser

In dieser Reihe haben wir die selbstgewählten Personenbezeichnungen der Interviewpartner beibehalten.  Dadurch entstehen Unterschiede in der Genderschreibweise.

© 2023 Der Entrepreneurs Club. Alle Rechte vorbehalten. Texte: nicht kommerzielle, auszugsweise Nutzung unter Quellenangabe https://www.karriere-familienunternehmen.de gestattet. Fotos: © 2023 Der Entrepreneurs Club / WOLFF & MÜLLER