Venture Capital
Foto: FIEGE
Im Gespräch mit Andreas Pott, Managing Director bei FIEGE Ventures
In den kommenden Wochen dreht sich bei uns alles um das Thema Venture Capital Investitionen von Familienunternehmen. Führungskräfte Deutschlands und Unternehmensnachfolger:innen führender deutscher Familienunternehmen verraten uns exklusiv, welche Rolle Venture Capital in ihrem Unternehmen spielt und welchen Einfluss es auf ihre Entwicklung hat.
Doch auch unabhängige Expert:innen aus Wissenschaft und Gesellschaft kommen bei uns zu Wort.
In diesem Interview spricht Andreas Pott mit uns darüber, wie sie über einen eigenen Fonds in start-up-nahe Innovationen in Logistik, Technologie und Energie investieren, um externe Innovationen zu fördern, langfristig zu wachsen und sich durch strategische Partnerschaften im Markt zu differenzieren.
Warum ist Fiege in das Venture-Geschäft eingestiegen?
Es hat zwei Hauptgründe. Zum einen natürlich, um damit Geld zu verdienen. Dieses Ziel steht im Vordergrund. Zum anderen betrachtet Fiege Venturing als sehr wichtigen Treiber für externe Innovationen. Fiege selbst ist ein Dienstleister, kein produzierendes Unternehmen. Es gibt daher keine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Wir sind Anwender von Innovationen. Und oft kommen diese neuen Technologien – in den für uns relevanten Bereichen Robotik, Automation und neuerdings auch KI-basierte Logistiksoftware – von Start-ups. Deshalb wollen wir da früh dran sein.
Warum hat man sich entschlossen, für das Venture-Geschäft einen Fonds einzusetzen, statt es aus der Bilanz zu finanzieren?
Fiege ist ein inhabergeführtes Familienunternehmen. Unsere beiden Co-CEOs Felix und Jens Fiege sind schon viele Jahre eng mit der Venture-Capital-Szene verbunden, haben selbst früher im Venture-Capital-Bereich gearbeitet. Sie kennen sich sehr gut aus und wissen, dass das Geschäft mit Risikokapital nur dann funktioniert, wenn man damit auch Geld verdient. Und wenn man in diesem Geschäft erfolgreich sein will, wenn man die richtigen Fachleute dafür gewinnen will, dann muss man einen institutionellen Fonds gründen. Fiege ist der einzige Investor, der in diesen Fonds einzahlt, es handelt sich also um einen sogenannten Single LP Fonds.
In welche Start-ups investieren Sie denn?
Wir investieren in Start-ups, die nah an unserem Geschäft sind, also in alles, was mit Log-Tech, Supply Chain oder auch Energy Tech zu tun hat. Zum Teil investieren wir auch in verwandte Bereiche im Kontext unserer Kernorganisation. Wir machen außerdem viel im Bereich Photovoltaik, Batterietechnik und dergleichen. Dadurch, dass wir in Bereiche investieren, die nah an unserem Geschäft sind, können wir gut beurteilen, welche neue Technologie erfolgversprechend ist und welche nicht. Wir gehen dabei Minderheitsbeteiligungen ein, normalerweise zusammen mit anderen Venture-Capital-Investoren. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass wir den Start-ups über die reine Finanzbeteiligung einen echten Mehrwert bieten können. Wir bringen also mehr mit als bloß Geld. Start-ups bekommen Zugang zu unserem Know-how, zu unserem Netzwerk und auch Zugang zu unseren Kunden. Mit diesem Ansatz differenzieren wir uns sehr gut am Markt.
Wann verkaufen Sie die Beteiligungen wieder?
Als Familienunternehmen mit einer über 150-jährigen Geschichte sind wir naturgemäß langfristig orientiert. Wir denken nicht in Quartalen, wie das bei börsennotierten Unternehmen vielleicht der Fall ist. Auch das Venture-Geschäft wird bei uns langfristig gesehen. Als Frühphaseninvestor halten wir eine Beteiligung meist um die acht Jahre. Wenn es dann noch keinen Käufer dafür gibt, können wir auch gut damit leben, länger investiert zu sein.
Prof. Dr. Klaus Sailer und David Photien
Partner des Frühphasenfinanzierers Freiraum Ventures
Gerade KMUs sind meist risikoaverser als größere. Ist die Scheu noch zeitgemäß?
Prof. Sailer: Das ist so. Aber diese Zurückhaltung sollten die Unternehmen überwinden. Das können sie sehr gut, indem sie die innovationsgetriebene Zusammenarbeit mit einem Start-up von ihrem eigentlichen Kerngeschäft sauber trennen. Die Prozesse im Kerngeschäft sind etabliert, sie müssen laufen. Außerhalb dessen kann man sich Freiräume schaffen. Wichtig ist es, eine gute Governance aufzustellen, klar zu definieren, wie die firmeninterne Innovationsabteilung mit Gründern umgehen soll und dabei sowohl die interne Schnittstelle zwischen Kerngeschäft und dem Innovationsfreiraum als auch die Schnittstelle zwischen Stakeholdern des Unternehmens und den Start-ups gut zu managen. Es muss auch ein klares Budget geben. Wenn das alles fixiert ist, ist das Risiko auch überschaubar und deutlich kleiner als der potenzielle Nutzen: langfristig mehr Umsatz, schnelleres Wachstum und eine höhere Resilienz auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Wie wichtig sind Innovationen in der Logistik?
Die Innovationsgeschwindigkeit nimmt auch in unserer Branche kontinuierlich zu. Unsere Branche steht mitten in einer tiefgreifenden Transformation. Während andere Branchen sich leichter digitalisieren lassen und vieles dort bereits automatisiert und digitalisiert ist, laufen in der Logistik noch zahlreiche Prozesse manuell ab und sind noch nicht digitalisiert. Oft auch aus gutem Grund, etwa weil die menschliche Hand-Auge-Koordination der Robotik in bestimmten Aufgaben überlegen, oder einfach noch schneller ist. Dennoch sind wir als Pionier der Kontraktlogistik ständig auf der Suche nach weiteren Möglichkeiten - beispielsweise, um für unsere Kolleginnen und Kollegen das Arbeiten einfacher zu gestalten oder die Qualität weiter zu steigern und unseren Kunden dadurch einen Mehrwert zu bieten. Die enge Zusammenarbeit mit Start-ups ist dabei ein zentraler Baustein für Verbesserungen.
Was ist denn aktuell die größte Herausforderung?
Wir bewegen viel im E-Commerce. Die Anforderungen an steigende Liefergeschwindigkeiten – Stichwort: Wunsch-Zeit-Zustellung –, die große Anzahl an Sortimentswechseln, große und häufige Volumen-Schwankungen und neue Verkaufskanäle wie Social Commerce und somit kleinteilige Sendungen erfordern eine immer höhere Flexibilität und die Fähigkeit, Prozesse kurzfristig anzupassen. Wir lieben diese Dynamiken im Markt, weil sie unser Geschäft abwechslungsreich halten, gleichzeitig fehlt uns dadurch aber oft die Basis für Standardisierung und Automatisierung.
Ist es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auch schwieriger, VC-Geschäft zu machen?
Im Gegenteil: Die kreativsten Ideen und beste Lösungen entstehen oft in herausfordernden Marktphasen. Genauso verhält es sich auch mit Investments. Die besten Deals werden in solchen Zeiten gemacht. Das war nach dem Platzen der Dot-Com-Blase Anfang der 2000er Jahre so, das war auch nach der Finanzkrise 2008 so. In Krisenzeiten ist einfach weniger Risikokapital im Markt. Wir haben aktuell zwar keine vergleichbare Krise, aber das Investoren-Geld sprudelt trotzdem nicht mehr so wie noch vor ein paar Jahren. Das führt dazu, das die Bewertungen der Start-ups und damit die Preise für Beteiligungen sinken. Man kann also interessante Deals zu niedrigeren Bewertungen finden. Wenn man für eine Beteiligung sehr viel Geld in die Hand nehmen muss, ist es schwieriger, daran schlussendlich zu verdienen. Das VC-Geschäft muss man also durchaus ein wenig antizyklisch sehen. Kurzum: Wirtschaftlich eher schwierigere Zeiten sind für uns als Venture-Arm von Fiege tatsächlich eher von Vorteil, um neue Beteiligungen einzugehen. Wenn die Wirtschaft dann wieder boomt, profitieren die Beteiligungen in unserem Portfolio. Insofern gilt für uns: Gute Zeiten und schwierige Zeiten haben im Venture-Geschäft jeweils ihren ganz eigenen Charme.
Interview: Bärbel Brockmann
In dieser Reihe haben wir die selbstgewählten Personenbezeichnungen der Interviewpartner beibehalten. Dadurch entstehen Unterschiede in der Genderschreibweise.
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