Digitalisierung
Zum Begriff der Digitalisierung
Unter Digitalisierung (von lat. digitus, Finger und engl. digit, Ziffer) versteht man das Umwandeln von analogen Werten in digitale Formate und ihre Verarbeitung oder Speicherung in einem digitaltechnischen System. Dahinter verbirgt sich ein elementarer Technologiesprung, der durch die Erfindung/Entdeckung der Halbleiter, und als Folge auch des Transistors, ermöglicht wurde:
Als Halbleiter werden Materialien bezeichnet, die unter verschiedenen Bedingungen Strom entweder leiten, oder auch nicht, schön nachzulesen in einem Artikel der Computerwoche aus dem Jahr 2008, „40 Jahre Chipgigant Intel“. Der prominenteste Halbleiter in der Computerindustrie ist das Silizium, engl. „Silicon“, das in Kombination mit einem winzigen Schalter (Transistor) heute Grundbaustein aller Computer-Prozessoren ist. In den 50iger Jahren erhielten drei Physiker der Bell Labs für die Erfindung des ersten Transistors den Physik-Nobelpreis. Zeitgleich forschten Ende der 50iger Jahre die Physiker Bob Noyce, einer der Gründerväter von Intel, und Jack Kilby, Ingenieur bei Texas Instruments, an der Entwicklung von integrierten Schaltungen. Erstmals brachten sie mehrere Transistoren auf einem einzigen Stück Halbleiter Substrat auf: Der Startschuss für die Computer-Industrie war gefallen. Es dauerte noch weitere 10 Jahre bis zur Massenfertigung serienreifer Produkte. Heute befinden sich bei modernen Prozessoren hunderte Millionen Transistoren auf einem winzigen Silizium Plättchen.
Rein technisch betrachtet, wird der Prozess der Digitalisierung also von einem Analog-Digital-Umsetzer durchgeführt, der analoge Eingangssignale in festgesetzten Intervallen misst und diese Werte mit einer bestimmten Genauigkeit digital codiert. Auch hinsichtlich dieser Codierung blickt die Digitalisierung historisch auf eine lange Entwicklung zurück. Bereits vor langer Zeit wurden Universalcodes als Grundprinzip der Informationsübermittlung eingesetzt. Zuerst noch analog, etwa in Form von Morsezeichen, per Licht- und Tonsignal (Funktechnik, Telefon, Telegraphie). Später folgten Fernschreiber, Telefax und Email. Heutige Computer verarbeiten Informationen ausschließlich in digitaler Form.
Was ist also gemeint, mit der allgegenwärtigen Aussage: Die Digitalisierung schreitet voran?
Seit 2013 wird der Begriff der Digitalisierung immer seltener im Sinne seiner ursprünglichen Bedeutung verwendet, sondern fast ausschließlich (und zunehmend unbestimmt) im Sinne der umfassenden Megatrends der digitalen Transformation und Durchdringung aller Bereiche von Wirtschaft, Staat, Gesellschaft und Alltag (OECD in Science, Technology and Innovation Outlook 2016). Dabei geht es eigentlich um „die zielgerichtete Identifikation und das konsequente Ausschöpfen von Potentialen, die sich aus Digitaltechnik ergeben“. Es geht hier schlicht um den Ausbau der entsprechenden Infrastrukturen, nicht um den technischen Fortschritt selbst, auf dessen Basis dies erst ermöglicht wurde. Auch von „Digitalisierungsfähigkeit“ wird oft gesprochen, was wie viele andere Zusammensetzungen mit „Digitalisierung“ semantisch jedoch eigentlich unsinnig ist. Oft werden alle Formen technisch vernetzter digitaler Kommunikation wie Breitbandkommunikation, Internet der Dinge, E-Commerce, SmartHome oder Industrie 4.0 undifferenziert unter das Schlagwort subsumiert. Peter Mertens, Dina Barbian und Stephan Baier zeigen in ihrer Arbeit „Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung“, (Springer 2017) die zunehmend inflationäre und fragwürdige Verwendung des Begriffs auf, der nicht nur einen wichtigen Trend markiert, sondern auch Merkmale einer Mode (Hype, fad) trägt. Von 2013 bis 2017 ist die Zahl der Google-Suchanfragen für „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0“ um etwa 600 bis 700 % gestiegen, ein klassisches Anzeichen für einen Hype.
Digitalisierung und Familienunternehmen
Die, sich aus der Digitalisierung als technischem Fortschritt ergebenden Folgen durchdringen zunehmend auch die Arbeitswelt über unterschiedlichste Branchen hinweg, wie in der neuen Studie „Digitalization in the German Labor Market“ (Bertelsmann Stiftung 2020) ersichtlich wird. Digitale Kompetenz ist gefragt! Über den Zeitraum von 2014 bis 2018 wurde eine Datenanalyse von 26 Millionen Online-Stellenanzeigen aus Deutschland durchgeführt. Der Anteil der Ausschreibungen, die mindestens eine digitale Kompetenz erforderten, stieg während dieser vier Jahre insgesamt von 38,1 % auf 47,5 %. Bei hoch qualifizierten Jobs war dies sogar zu 94 % der Fall. Unternehmen wird im Zuge des digitalen Wandels eine Doppelrolle zugeschrieben, wie das Buch „Unternehmensverantwortung im digitalen Wandel“ (Bertelsmann Stiftung 2020) erläutert. Sie sind zum einen sein Treiber, werden aber auch durch das Marktumfeld dazu getrieben. Ob für große Konzerne, kleine Start-ups oder Familienunternehmen: Digitalisierung gewinnt für alle gleichermaßen zunehmend an Relevanz. Auch aufgrund ihrer immanenten Struktur, besetzen Familienunternehmen hierbei oftmals Vorreiterrollen:
Das erforderliche „Bestehen und sich Anpassen im Wandel der Zeiten“ ist eine Thematik, die gerade Familienunternehmen schon immer beherrschen. Dadurch, dass sie in Generationen planen und sich langfristig ausrichten, ist der permanente Wandel miteinkalkuliert. Familienunternehmen stehen ihm ganz prinzipiell positiv gegenüber, sehen ihn als Chance und reagieren agil, um sich Wettbewerbsvorteile sichern zu können. Auch wenn eine Herausforderung für Familienunternehmen speziell in dem Mangel an digital-affinen Fachkräften besteht, weshalb KI, Big Data oder Industrie 4.0 noch nicht flächendeckend als Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden, wie die aktuelle Studie „Digitale Transformation im Mittelstand und in Familienunternehmen“ (Institut für Familienunternehmen der WHU 2020) aufzeigt, so haben Familienunternehmen doch verstanden, dass das digitale Zeitalter es erfordert, neue Themen schnell aufzugreifen und am Puls der Zeit zu bleiben. Das Engagement ist auf allen Ebenen stark und bindet auch Mitarbeiter:innen in den Prozess mit ein. Sie haben die Möglichkeit, eigenständig Chancen der Digitalisierung zu erkennen und dadurch Zukunftsinvestitionen anzustoßen.
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