Arbeitnehmermarkt

Denise Weinhold

Foto: GOLDBECK Solar

Im Gespräch mit Denise Weinhold, Head of HR

In den kommenden Wochen dreht sich bei uns alles um den Arbeitnehmermarkt!  Führungskräfte Deutschlands führender Familienunternehmen verraten uns exklusiv, wie sie in der aktuellen Marktsituationen Bewerber:innen begeistern und gewinnen wollen.

Auch an Familienunternehmen geht der Fachkräftemangel nicht vorbei. Umso wichtiger ist ein gutes Konzept, um für Bewerber:innen interessant zu bleiben.

In diesem Interview erzählt Denise Weinhold, weshalb Familienunternehmen ihrer Meinung nach gefragter denn je sind und wie Führungskräfte beim Werben um neue Mitarbeiter:innen helfen können.

Frau Weinhold, wie macht sich der Fachkräftemangel in Ihrem Unternehmen heute schon bemerkbar?

Der Fachkräftemangel macht sich in unserem Unternehmen auch heute schon durch längere Rekrutierungszeiten bemerkbar. In Anbetracht des schnellen Wachstums von GOLDBECK SOLAR ist es eine Herausforderung ausreichend neue Mitarbeitende zu gewinnen, die essenziell für die erfolgreiche Umsetzung unserer Projekte sind.
 

Welche Bereiche sind besonders betroffen?

Vor allem in unserer Branche sind viele Bereiche vom Fachkräftemangel betroffen. Das ist zum Beispiel im Ingenieurwesen oder der Elektrotechnik deutlich spürbar. Aber auch in der IT oder in den technischen Ausbildungsberufen im Bereich Energie & Gebäudetechnik ist es schwierig, neue Mitarbeitende zu finden. 

 

Welche Auswirkungen hat dies auf die Produktivität, die Qualität und die Innovationsfähigkeit des Unternehmens?

Qualität und Innovation haben einen hohen Stellenwert bei GOLDBECK SOLAR. Dank der ständigen Anpassung unserer Prozesse und Strukturen auf die aktuelle Marktlage sind die Auswirkungen des Fachkräftemangels glücklicherweise überschaubar. Umso wichtiger ist es für uns, mögliche Auswirkungen sorgfältig zu bewerten und dafür zu sorgen, alternative Lösungen zu finden.
 

Welche langfristigen Probleme ergeben sich für Familienunternehmen aus einem Arbeitnehmermarkt?

Als Familienunternehmen konkurrieren wir mit einem starken Wettbewerb - auch mit den großen Konzernen. Kosten für Anwerbung, Auswahl und Einarbeitung von neuen Mitarbeitenden steigen und sind gerade in Wachstumsphasen schwieriger zu planen. Das erschwert nicht nur das Finden geeigneter Kandidaten, sondern auch das langfristige Binden der Fachkräfte. Zudem spüren wir den starken Wettbewerb um branchenspezifische Fachkräfte im Bereich der erneuerbaren Energien. Als Familienunternehmen tun wir viel, um mit der Branchengrößen mitzuhalten.
 

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Anna-Maria Bartl

Ehemalige Familienunternehmerin und Content Creatorin

„Meiner Meinung nach müssen sich Unternehmen überlegen, was sie vor allem den jungen Generationen anbieten können – oder vielmehr müssen –, um im Wettbewerb mit anderen Firmen herauszustechen. Viele Bewerber möchten die Freiheit haben, flexibel zu sein, selbst entscheiden zu dürfen und Verantwortung zu tragen. Wir hören nicht auf, uns weiterzuentwickeln, demnach kann man auch klar sagen, dass die Arbeit uns nicht ausgehen wird. Es werden immer wieder neue Arbeitsplätze entstehen.“
 

 

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Solartechniker im Einsatz.

Foto: GOLDBECK SOLAR

Gibt es auch Chancen? Und wenn ja, welche?

Als mittelständisches Familienunternehmen können wir neuen sowie bestehenden Mitarbeitenden zahlreiche Chancen bieten, wie zum Beispiel viele Karrieremöglichkeiten, ein persönliches Miteinander und großes entgegengebrachtes Vertrauen. Aber wir müssen uns auch langfristig damit auseinandersetzen, zusätzliche Anreize zu schaffen und uns aus unseren Komfortzonen zu bewegen. Der Markt spornt uns an, noch kreativer, innovativer und präsenter zu sein. Das hilft uns dabei mit eingestaubten Ansichten gegenüber Familienunternehmen aufzuräumen und uns als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren.                                                                  

Sind Familienunternehmen in der Regel besser oder schlechter positioniert als Nicht-Familienunternehmen, um im Werben um Angestellte auch in einem Arbeitnehmermarkt bestehen zu können?

Ich bin überzeugt, dass die Stärken von Familienunternehmen mehr denn je auf dem Arbeitnehmermarkt gefragt sind. Familienunternehmen unterliegen nicht dem Druck kurzfristiger Gewinnziele von Investoren und haben eine starke Unternehmenskultur, die durch eine langfristige und nachhaltige Vision getragen wird. Wir können punkten mit einem familiären und sehr respektvollen Miteinander, was viele Arbeitnehmer sehr schätzen. Auf Marktveränderungen können wir flexibel reagieren, da wir keine starren und komplexen Strukturen haben. Das bringt Arbeitsplatzsicherheit. Mitarbeitende werden als Menschen und nicht als Ressourcen wahrgenommen.
 

Die Identifikation der Angestellten mit dem Arbeitgeber ist traditionell bei Familienunternehmen höher als bei Nicht-Familienunternehmen. Ist das Ihrer Meinung nach noch immer der Fall?

Ja, das ist definitiv der Fall. Trotz der Veränderungen auf dem Markt und der zunehmenden Vielfalt der Angebote bleibt die hohe Identifikation der Mitarbeitenden mit Familienunternehmen meiner Meinung nach bestehen.
 

Wenn ja, welche Chancen ergeben sich daraus beim Werben um Fachpersonal?

Gemeinsame Werte ziehen an. Familienunternehmen werden am Markt als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen, die eine langfristige Perspektive bieten. Mitarbeitende, die sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren, sind daran interessiert das Unternehmen gemeinsam weiterzuentwickeln und auch weiterzuempfehlen. Daraus ergibt sich eine sehr positive und motivierende Arbeitsatmosphäre und Unternehmensreputation.
 

Welche Kompetenzen und Fähigkeiten sind für Führungskräfte in Familienunternehmen in der aktuellen Marktsituation besonders erforderlich?

Führungskräfte tragen einen erheblichen Teil dazu bei, die Unternehmenskultur mit ihren Werten an die Mitarbeitenden zu vermitteln. Ein offenes Ohr für die Mitarbeitenden, um auf ihre Bedürfnisse und Wünsche einzugehen, ist dabei besonders wichtig, um unseren Fachkräften das bieten zu können, was sie langfristig im Unternehmen hält. Dafür braucht es ein gutes und vertrautes Miteinander. Eine Führungskraft muss daher ein hohes Maß an Empathie mitbringen und bereit sein, neue Wege zu beschreiten, um Mitarbeitende zu werben und vor allem zu binden.
 

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Sibylle Stippler

Leiterin des Clusters Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW Köln)

„Die Anpassung an den Arbeitnehmermarkt erfordert die Fähigkeit, flexibel auf veränderte Bedingungen zu reagieren und ein Gleichgewicht zwischen den betrieblichen Anforderungen und den Bedürfnissen der Mitarbeitenden zu finden. Dazu zählt eine ehrliche Bewertung der Stärken und Schwächen als Arbeitgeber. Dieser Prozess des Employer Brandings beginnt mit einer Analyse, bei der alle Mitarbeitenden einbezogen werden sollten. Das Ziel: eine authentische und attraktive Arbeitgebermarke zu etablieren, die im täglichen Betrieb spürbar wird.

Investitionen in die Arbeitsbedingungen sind entscheidend. Effiziente Arbeitsorganisation, individuelle Teamabsprachen und intelligente Schichtmodelle können die Belastung der Mitarbeitenden reduzieren. Wenn Fachkräfte mit spezifischen Qualifikationen fehlen, könnten Mitarbeitende für einfachere Tätigkeiten rekrutiert werden. Quereinsteigende aus anderen Branchen können ebenso die bestehenden Fachkräfte unterstützen, die Leistungsqualität sichern und die Mitarbeitendenzufriedenheit steigern.“

Welche Strategien sind erforderlich, um das Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich zu führen?

Wir müssen Talente anziehen, halten und entwickeln. Dazu braucht es einen innovativen und langfristigen Fahrplan zur Ausgestaltung attraktiver Arbeitsbedingungen. Dabei ist es wichtig, die Bedürfnisse und Anliegen von Bewerbenden und Mitarbeitenden zu verstehen und zu berücksichtigen.
 

Welche Maßnahmen haben Sie bereits ergriffen?

Was uns bisher vorangebracht hat, ist nicht nur einzelne Maßnahmen zu verfolgen, sondern ein breites Spektrum an vielfältigen und kreativen Ansätzen zu wählen. So haben wir unsere Recruitingaktivitäten stark ausgeweitet und machen uns neue Technologien zu nutzen. Wir nutzen Social Media Kampagnen gezielt um unsere Zielgruppen über den Algorithmus auf den unterschiedlichsten Plattformen zu erreichen. Radiowerbung, TV-Beiträge, Kooperationen mit Universitäten, die Anpassung unseres Ausbildungsangebots und die Weiterentwicklung unseres Onboardings sind hier nur ein paar weitere Beispiele. Wir achten zudem darauf, Recruitingaktivitäten sehr gezielt lokal anzuwenden. Shared Offices und Mobile Work sind bei uns gelebte Praxis.  Darüber hinaus bieten wir unseren Mitarbeitenden zahlreiche Benefits, die sich nicht nur auf die Vergütung beschränken. In den vergangenen zwei Jahren lag unser Fokus auf der Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden. Daraus entstanden unter anderem neue Karrierepfade und individuelle Entwicklungspläne.  Durch regelmäßig durchgeführte Mitarbeiterumfragen  erhalten wir  einen Überblick  über  die Zufriedenheit unserer Mitarbeitenden und können noch gezielter Maßnahmen ergreifen, die zu einem positiven und erfolgreichen Arbeitsumfeld beitragen.
 

Welche Maßnahmen planen Sie für die Zukunft?

Wir werden uns weiterhin auf unsere Stärken als Familienunternehmen fokussieren und alles daransetzen, eine inspirierende und vielfältige Arbeitskultur zu fördern. Wir möchten uns als Arbeitgebermarke entwickeln, die Talente anzieht und unsere Investitionen in die Mitarbeiterentwicklung weiter ausbauen. Wir werden uns noch stärker auf unseren Nachwuchs fokussieren und interne Entwicklungsmöglichkeiten proaktiv aufzeigen und fördern. Wir möchten unsere Leistungspakete erweitern und unsere Mitarbeitenden weiterhin ermutigen, ihre Bedürfnisse und Anliegen mit uns zu teilen, um gemeinsam dazu beizutragen, ein noch attraktiverer Arbeitgeber zu werden.

 

Interview: Maximilian Kaiser

In dieser Reihe haben wir die selbstgewählten Personenbezeichnungen der Interviewpartner beibehalten.  Dadurch entstehen Unterschiede in der Genderschreibweise.

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