Arbeitnehmermarkt in Deutschland: Die wichtigsten Fakten

25. Januar 2024
Arbeitnehmermarkt-Die-wichtigsten-Fakten

Der Fachkräftemangel ist ein großes Problem für die deutsche Wirtschaft. Laut KfW-ifo-Fachkräftebarometer aus dem Dezember 2023 sind aktuell 39 Prozent aller Unternehmen hierzulande davon betroffen. Dieser Wert stellt zwar eine Verbesserung gegenüber Werten der jüngeren Vergangenheit dar (im Juli 2023 waren es 43 Prozent, im Juli 2022 sogar noch 50 Prozent gewesen), welche jedoch vor allem durch die schwache Konjunktur und nicht durch nachhaltige Lösungsansätze bedingt ist. Die akuten Herausforderungen bleiben bestehen.

IFO-KW-Grafik-Fachkraeftemangel

Grafik: Screenshot KfW-ifo-Fachkräftebarometer 2023/12 

Für den Fachkräftemangel gibt es verschiedene, teils komplexe Ursachen. Nicht bei allen sind sich die Expert:innen in den Details und den Lösungsansätzen einig.

 

  • Der demografische Wandel: Die Bevölkerung in Deutschland wird immer älter, zu wenige junge Menschen rücken nach und die Zahl der Erwerbstätigen nimmt immer stärker ab. Die Generation der Babyboomer kommt nun ins Rentenalter und deren Ausscheiden wird am Arbeitsmarkt nicht spurlos vorbeigehen. Damit ist der demografische Wandel der absolute Haupttreiber des Fachkräftemangels.Der Fachkräftebedarf steigt: Die Wirtschaft wuchs zuletzt und es wurden immer mehr Fachkräfte benötigt. Besonders in den Branchen IT und Softwareentwicklung ist der Bedarf an speziell ausgebildetem Personal so rasant angestiegen, dass gar nicht ausreichend neue Fachkräfte ausgebildet werden können.
  • Damit einhergehend sehen manche Expert:innen auch ein Problem schwacher Produktivität: In vielen Unternehmen steigt der Output nicht parallel zur Anzahl der Angestellten. Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren, mit dem Wunsch zu wachsen, Mitarbeiter:innen in großer Zahl eingestellt. Diese fehlen auf dem Markt nun, während die Produktivität in den Betrieben gleichzeitig weniger stark gewachsen ist als anzunehmen war.
  • Die Bildungsstruktur: Nicht alle Jugendlichen entscheiden sich für eine Ausbildung oder ein Studium, das zu den gesuchten Berufen führt. Allgemein strebten in den letzten Jahren junge Menschen vermehrt eine akademische Laufbahn an, was logischerweise bedeutet, dass in vielen Ausbildungsberufen zunehmend das Personal fehlt. Besonders für das Handwerk ist dies ein großes Problem.
     
< >Sibylle-Stippler-IW-Koeln

Sibylle Stippler

Leiterin des Clusters Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW Köln)

Welche Auswirkungen hat der Fachkräftemangel auf betroffene Unternehmen in den Bereichen Produktivität, Qualität und Innovationsfähigkeit schon heute?


„Der Fachkräftemangel hat bereits heute spürbare Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Mit rund 630.000 unbesetzten Stellen im Jahresdurchschnitt 2022 stellt er eine enorme Herausforderung für die deutsche Wirtschaft dar (KOFA Kompakt 2/2023). Trotz einer schwächeren Konjunktur fehlen nach wie vor qualifizierte Fachkräfte in vielen Wirtschaftsbereichen, was dazu führt, dass Unternehmen ihre offenen Stellen nicht besetzen können.
Diese Lücke hat weitreichende Konsequenzen: Unternehmen müssen Aufträge ablehnen, Investitionen in Weiterbildung verschieben und Innovationsprojekte auf Eis legen. Gleichzeitig steigen die Kosten für Rekrutierung und Beschäftigung, während ungenutzte Wachstumspotenziale bestehen bleiben. Der Fachkräftemangel beeinträchtigt somit die Fähigkeit der Unternehmen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und sich in den Bereichen Innovation, Produktivität und Qualität weiterzuentwickeln.“
 

Für Unternehmen ist der Fachkräftemangel selbstverständlich eine massive Herausforderung. Um die Arbeitskräfte für sich zu gewinnen und um sie langfristig binden zu können, brauchen Unternehmen plötzlich schlagkräftige Argumente. 
Für Bewerber:innen dagegen ist der Wandel vom Arbeitgebermarkt hin zum Arbeitnehmermarkt eine durchaus positive Entwicklung. Die Vorteile eines Arbeitnehmermarkts für Arbeitnehmer liegen auf der Hand: In einer Situation, in der die Nachfrage nach Arbeitskräften die Angebotsseite übersteigt, haben Arbeitnehmer eine gute Verhandlungsposition. Sie können höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen verlangen.


Wichtig hierbei ist: nicht jede Branche ist gleichermaßen vom Fachkräftemangel betroffen. Es gibt durchaus prägnante Unterschiede.
 

Für viele Unternehmen bedeutet der Arbeitnehmermarkt jedoch, dass ein Umdenken in ihrer Arbeitskultur stattfinden muss: flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten oder Weiterbildungsangebote sind heute Pflicht, um für Arbeitnehmer attraktiv zu bleiben. Durch den Wettbewerb der Unternehmen um Arbeitnehmer ist zudem ausreichend Anreiz geschaffen, auch darüber hinaus kreative und progressive neue Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, die vorher lange undenkbar waren. 

Welche besonderen Anreize hier hinzuzählen, erfährst du in unserer Interviewreihe Arbeitnehmermarkt, in der Führungskräfte unserer Partnerunternehmen über Herausforderungen und Chancen gleichermaßen sprechen.
 

Text: Maximilian Kaiser

© 2024 Der Entrepreneurs Club. Alle Rechte vorbehalten. Texte: nicht kommerzielle, auszugsweise Nutzung unter Quellenangabe https://www.karriere-familienunternehmen.de gestattet. Fotos: © 2024 Der Entrepreneurs Club / Adobe Stock / IW Köln / KfW / ifo-Institut