KI ist im Mittelstand angekommen

Im März 2023 ging das Bild des Papstes in weißem Daunenmantel um die Welt. Es war kalt damals in Rom, ja, aber man hatte den Papst noch nie in moderner Winterkleidung gesehen. Kein Wunder, denn er trug keine. Das Foto war eine Fälschung. Hergestellt durch Künstliche Intelligenz (KI). Zur selben Zeit kam eine verbesserte Version des Schreib-Bots ChatGPT auf den Markt. Sie sucht sich ihre Informationen im Internet und nicht mehr aus einem vorgegebenen Datenpool. Außerdem kann sie Bilder erstellen – und fälschen, wie beim Papstbild. Ebenfalls 2023 setzte die Aktie des Chipherstellers Nvidia zu ihrem bis heute ungebrochenen Höhenflug an. Nvidia entwickelt die Chips, die man für die Verarbeitung der von KI benötigten riesigen Datenmengen braucht. Alle drei Ereignisse machen eines deutlich: Ein großer Hype um KI hat begonnen.
Die Idee von Künstlicher Intelligenz ist viel älter. Schon seit den 1950er Jahren arbeiten Wissenschaftler:innen an Maschinen, die selber lernen können, die selbständig analysieren und Schlüsse aus den Ergebnissen ziehen können. Es gab vereinzelt Etappenerfolge, aber erst in den letzten Jahren findet KI in immer mehr Aufgaben Anwendung. Heute ist sie in vielen Bereichen des Alltags schon erlebbar, man denke etwa an Navigationssysteme, Sprachassistenten, Übersetzungstools. Nachdem sich zunächst vor allem große Technologiekonzerne mit ihrem Einsatz beschäftigt hatten, ist das Thema inzwischen auch im Mittelstand angekommen. Nach der jüngsten Umfrage der DZ Bank unter rund 1.000 Unternehmer:innen und Manager:innen in mittelständischen Unternehmen setzt zwar erst eine Minderheit die neue Technik heute schon ein. Eine große Mehrheit ist demnach aber vom künftigen Potenzial der KI überzeugt. Etwa zwei Drittel erwarten einen Nutzen in der Beschaffung und Aufbereitung von Informationen. Als weitere Einsatzgebiete werden die Qualitätssicherung, die Verbesserung der Produktivität und die Unterstützung bei kreativen Arbeiten genannt. Im Fokus steht bei all diesen Aufgaben die anspruchsvollere Variante, die so genannte generative KI. Sie kann nicht nur Muster erkennen und Daten analysieren, sondern mithilfe von Algorithmen eigene Bilder, Texte und Programme entwerfen.
Dennoch, für viele mittelständische Unternehmen, und das gilt auch für die meisten Familienunternehmen, ist vor allem die generative KI eine neue Welt, von der man nicht viel weiß. Wo also anfangen? Die Beratungsgesellschaft KPMG rät vor allem kleineren und mittleren Unternehmen, sich Partner zu suchen. Denn sie haben oft einfach nicht die personellen Ressourcen, um die neue Technik zu evaluieren und Einsatzbereiche zu definieren. Da sei es besser, Allianzen und Kooperationen einzugehen, damit man sich nicht alles selbst beibringen muss.
KI dürfte über kurz oder lang auch die Arbeitswelt drastisch verändern. Viele einfache Jobs könnten wegfallen, dafür steigt an anderer Stelle der Bedarf an gut qualifiziertem Personal. Nach einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey aus dem Sommer 2024 („A New Future of Work“) könnten bis 2030 weltweit rund 30 % der aktuellen Arbeitsstunden durch die neue Technologie automatisiert werden. Damit ließe sich ein Produktivitätswachstum von bis zu 3 % pro Jahr erzielen. Nur, wohin mit all denen, die diese Arbeitsstunden bislang leisten? Für Deutschland sind nach der Schätzung der Studie bis zu drei Millionen Jobs von einer Veränderung betroffen, also etwa 7 % der hiesigen Gesamtbeschäftigung. Was nützen die Vorteile des Einsatzes von KI, wenn es zugleich Verwerfungen am Arbeitsmarkt gibt und zig Menschen ohne Perspektive dastehen? Um diesen Umbruch also verantwortungsvoll zu gestalten, müsse deutlich mehr als bisher in die Umschulung und/oder Weiterbildung der Beschäftigten investiert werden, vor allem der gering Qualifizierten.
Mit dem Einsatz von KI sind neben großen Chancen eben auch Risiken verbunden. Verzichten können wird man in Deutschland nicht auf die neuen Technologien. Im internationalen Wettbewerb wird es dann andere geben, die die Nase vorn haben und Deutschland würde ins Hintertreffen geraten. Und damit ökonomisch und auch gesellschaftlich Schaden nehmen. Es geht also darum, die Transformation bestmöglich zu gestalten. Diese Aufgaben werden ganz wesentlich die Unternehmen bewältigen.
In der aktuellen Interviewreihe schildern Familienunternehmen, wie sie mit der neuen Technologie KI umgehen, wie sie deren Möglichkeiten evaluieren, Anwendungsfälle erarbeiten und wie sie ihre Mitarbeiter:innen einbeziehen. Jedes unserer Partnerunternehmen stellt sich der Herausforderung auf unterschiedliche Weise, aber alle wissen, ohne KI wird es in Zukunft nicht gehen.
Text: Bärbel Brockmann
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